23. Mai 2009

Ein altes Quartier neu belebt

Ausstellung „Andocken! Medienkunst im Hafen“ im ehemaligen Zollamt lud zum genauen Hinsehen ein
Von Gesa Schulze
Handelshäfen. Die Überseestadt Bremen ist im Umbruch: Aus dem alten Hafenquartier wird die Hafencity, mit modernen Gebäudekomplexen, Lofts und Bürogebäuden aus Stahl und Glas. Dieser Transformationsprozess schafft Freiräume für künstlerische Experimente, deren Ergebnisse am vergangenen Wochenende im ehemaligen Zollamt am Hansator präsentiert wurden. Im Rahmen der Ausstellung „Andocken! Medienkunst im Hafen“ luden dort Fotografien und Videoarbeiten rund um das Thema Hafen den Betrachter zum Verweilen ein.
„Das Zollamt selbst ist ein Symbol für den tiefgreifenden Wandel in der Überseestadt und zeigt, wie Funktionen umgeschrieben werden können: Wurden hier früher Lastwagen auf zu verzollende Güter kontrolliert, so arbeiten heute verschiedene Kunstund Kulturschaffende in dem Gebäude“, erklärt Katrin Rickerts, Initiatorin und Kuratorin der Ausstellung. Der Veranstaltungsort wird auch in einigen ausgestellten Fotografien thematisiert. „Das Zollamt gehört also auf gewisse Weise mit zum Kunstwerk“, findet Katrin Rickerts – und dies kam auch bei den Besuchern gut an.
„Ich finde es toll, dass das Zollamt durch die Ausstellung neu belebt wird“, meint beispielsweise Annabel Trautwein. Sie hatte durch Freunde von der Ausstellung erfahren und war nun positiv überrascht von den verschiedenen Werken, die vom Besucher oft auch verlangen, sich seine eigenen Gedanken zu machen.
Die Fotografin Anna Reemts hat sich eigens für die Ausstellung auf eine künstlerische Spurensuche in die Überseestadt begeben. Ihre Fotografien fangen dabei die besondere Atmosphäre des Hafenquartiers ein und laden zum genaueren Hinschauen ein – oft ist nicht klar, was wirklich auf den Bildern zu sehen ist oder wo sie aufgenommen
wurden. Genauer hinsehen muss man auch bei den Videoarbeiten der Medienkünstlerin Katrin Cremer. Ihre Installation „Weltreise oder Weißt du noch, wo du draufdrücken musst?“ zeigt verschiedene Reisevideos eines Ehepaares, in denen versäumt wurde, den Aufnahmemodus der Kamera wieder zu beenden. Weitere Videoinstallationen der portugiesischen Künstlerin Maria João Relvas Amaro beschäftigen sich mit der Fischerei- und Hafengeschichte ihrer Heimatstadt Porto.
Gemeinsam ist allen Arbeiten der Ausstellung das Spiel mit Realität und Fiktion. Für den passenden Rahmen sorgte unter anderem eine Lesereise durch die Überseestadt, auf welche sich die Besucher von Bremer Autoren mitnehmen lassen konnten. Mit karibischer Musik verbreitete außerdem die Band Mento Moaners gute Stimmung.
Realisiert wurde „Andocken! Medienkunst im Hafen“ fast ohne Budget, dafür aber mit Unterstützung vieler tatkräftiger Helfer. Für Rickerts, die gerade ihr Studium der Kunst- und Kulturvermittlung an der Universität Bremen abgeschlossen hat, ist es die erste Ausstellung. „Es war daher in gewisser Weise ein Experiment für uns“, meint sie und freut sich, dass alles so gut geklappt hat. Aus der Ausstellung hätten sich zudem viele Kontakte zu interessanten Menschen ergeben – und jede Menge neue Ideen für weitere Projekte.

Stadtteil-Kurier | WES · NR. 118 · FREITAG, 22. MAI 2009

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